Das überforderte Kind – Kind sein dürfen?
Überforderung im Kindesalter – Wie können Eltern mit der Überforderungsentwicklung Ihrer Kinder besser umgehen – Hilfe bei Überforderung
Einleitung
Michael Jackson, Britney Spears, Justin Bieber, sowie „Kevin allein Zuhause“ Star Macauly Culcin, sind in aller Munde. Doch was verbinden wir mit den Namen? Was steckt oftmals dahinter? „Weltruhm und Erfolg“, „Kinderstars“, „verlorene Kindheiten“ und „ehrgeizige Eltern“. Wohl eine bunte Mischung aus allem, je nach Lebenserfahrung und eigenen Stellenwert beurteilen wir diese Frage unterschiedlich. Dennoch haben Kinderstars aufgrund diverser Fernsehshows und Hollywoodfilme Hochkonjunktur. Eltern wollen Ihren Kindern alle Möglichkeiten bieten, ohne oftmals den Preis dafür zu kennen. Aber nicht nur in Hollywood können wir Kinderstars erleben. Auch bei uns ist diese Situation allgegenwärtig. Dominic Thiem, David Allaba, oder derzeit in Deutschland Emma Schweiger, die Brüder Ochsenknecht oder auch Sportler wie Alexander Zverev zeigen es in deren Tweets und Internet-Profilen den Eltern und Kindern vor, dass man nur mit harter Arbeit und einem durchgeplanten Terminkalender zu Höchstleistung und Ruhm kommt.
Aktuelle Situation
Doch was passiert, wenn aus Terminen, Leistung und gar tägliche Höchstleistung – Überforderung wird – und die Kinder in deren Entwicklung daran zerbrechen. Was ist wenn ehrgeizige Eltern übersehen, dass Ihre Kinder bzw. deren Persönlichkeiten, nicht für einen Olympiasieg oder einen Top-Manager-Posten ausgelegt sind.
Wahrlich sind diese Aussichten Extrembeispiele, doch werden ähnliche Geschichten – vielleicht oft in abgeschwächter Form – auf die eine oder andere Art täglich in unserer unmittelbaren Nähe geschrieben. Experten aus den Bereichen Pädagogik, Psychotherapiewissenschaften und Psychologie sprechen von der Generation der „Terminkinder“ bzw. der „Wunderkinder und Multitalente“. Vielen Journalen und Zeitschriften kann man beinahe täglich entnehmen wie wichtig Sport und Bewegung, Lesen und Rechtschreibung, Musik und Musikinstrumente, Freunde in Schule und Vereinen, Familie inklusive der Großfamilie, Schulwissen und Lernen und natürlich auch das eine oder andere gemeinsame Familienhobby für unsere Kinder ist. Auch neue Medien wie facebook, instagram, twitter und viele mehr machen es durch ein ständiges erreichbar und begehrenswert sein, den Kindern oftmals unmöglich die Erfahrung von Ruhe, Stille und dem positiven „mit sich Alleinseins“ kennen zu lernen. Durch das Fortschreiten des Alltags übersehen Eltern oftmals , dass die Ressourcen Ihres Kindes aufgrund des Tages in der Schule schon aufgebraucht sind und es keinen Platz für weitere Aktivitäten geben dürfte. Aber der Alltag und die bereits vereinbarten Termine von Eltern und Kind machen ein Ausbrechen aus dem Teufelskreis schwierig. Doch was wenn dies übersehen wird und weiter auf Leistung in unterschiedlichen Bereichen bis zum Einschlafen bestanden wird.
Aktuelle Krankheitsentwicklungen
Das Krankheitsspektrum bei Kindern und Jugendlichen hat sich in den letzten Jahrzehnten stark gewandelt. So waren es früher Infektions- und Mangelernährungskrankheiten, welche für Morbidität sorgten, so rücken im Moment psychosomatische Störungen und psychische Auffälligkeiten, sowie chronische Erkrankungen in den Mittelpunkt. Die Entwicklung des Gesundheitszustandes der Kinder und Jugendlichen, einhergehend mit den belastenden Faktoren, wie tägliche Stressoren und Überforderungserleben, sehen Forscher aktuell als kritisch an. So sind im Moment 10% aller Kinder und Jugendliche von chronischen Krankheiten wie Allergien, Bronchitis, angeborenen Herzfehlern, Epilepsie, Diabetes und Krebs betroffen. Weiteren Studien zufolge, leiden rund 10-12% der Kinder im Grundschulalter an psychischen Störungen in Leistungs-, Wahrnehmungs- und Gefühlsbereichen. Von psychosozialen Auffälligkeiten sind weitere 10-15% an Lese- und Rechtschreibschwächen, sensomotorischen Störungen, hyperkinetischen und Konzentrationsstörungen und Auffälligkeiten im Bereich der Ängste, Depressionen und übersteigerten Aggressionen betroffen.
Entwicklungsbereiche
Aber ab welchem Punkt stellt eine erzieherische Maßnahme oder eine aktuell werdende Situation für ein Kind keine Förderung mehr dar, sondern mündet in einem zu hohen Anspruche, der in anderen Worten Überforderung heisst? Förderung soll demnach mit dem jeweiligen Entwicklungsstand, den persönlichen Fähigkeiten, der Freude an dem anstehenden und der individuellen Belastbarkeit einhergehen, sodass es nicht zu motivationalen Einbrüchen und im Anschluss in einem Überforderungserleben – sowohl psychisch, als auch physisch – endet.
Zum besseren Verständnis sprechen Wissenschafter von drei von einander unabhängigen Entwicklungsbereichen eines Kindes. Dies sind Denk-, körperlich/motorische und sozial/emotionale Entwicklungsspektren. Jedes Kind ist in jedem dieser drei Entwicklungsstadien individuell! Aufgrund dieser singulären Begrenztheit ist auch die Überforderung in jedem einzelnen Teilbereich möglich. Die Auswirkungen sind jedoch ähnlich, welche bereits zuvor anhand der gesundheitlichen Entwicklung der Kinder und Jugendlichen beschrieben wurden.
„Perfekte Kindheit“ – was ist das?
Doch was sollte die Vorstellung einer „guten“, oder gar „perfekten“ Kindheit beinhalten? Ist es die wohl wunderbarste und unbeschwerteste Zeit – jene Zeit, in die man sich ab einem gewissen Punkt im Leben gerne zurückerinnert und oftmals auch zurücksehnt. Die Kindheit. Unbeschwert sein, in der Gegend herumtollen, mit Puppen oder Bausteinen spielen und die größten Konflikte im Streit um sein Lieblingsspielzeug austragen. So, bzw. so ähnlich ist wohl der vorherrschende, romantische Gedanke an diese Lebensphase. Doch wie viel Wahrheit liegt noch in dieser subjektiven Wunschvorstellung? Und was ist die Realität bei Ihrem Kind?
Realität in der wir leben
Die Realität ist oft anders. Moderne Forscher unterschiedlichster Wissenschaften sind sich einig. Fest steht, dass die Kindheit der Lebensabschnitt ist, in dem sich eine gesunde und ausgewogene Persönlichkeit entwickelt und ausdifferenzieren muss, damit aus dem einstigen Kind ein gesunder Erwachsener wird. Auch der deutsche Dichter Wolfgang Reus beschreibt die Problematik treffend. „Was in der Kindheit zerstört wurde, kann im Leben niemals mehr korrigiert werden“. Sich seines Verhaltens bewusst zu werden, dysfunktionale Muster zu verlassen und aus dieser Möglichkeit Kraft zu schöpfen und zu akzeptieren, sind einige Möglichkeiten um aus einer „überforderten Kindheit“ in ein gesundes Erwachsenenleben zu kommen.
Auch Aristoteles beschrieb bereit rund 330 v Chr. in seiner Mesotes Lehre, dass es unerlässlich sei, wenn zwei sich oftmals entgegengesetzte Tugenden und Laster treffen, eine „Ausbalancierung“ in Form der Lösung in der Mitte zu finden. Diese Mitte kann jedoch nur von handelnden und urteilsfähigen Erwachsenen – den Eltern oder Erziehungsberechtigten – getroffen werden und darf nicht alleinig in den Händen der Kinder liegen. Denn jede dieser einzelnen Situationen, Begegnungen und Handlungen sind subjektiv und sollten in Abstimmung mit den Kindern und Jugendlichen, nach deren persönlichen Wünschen aber auch Möglichkeiten abgestimmt werden.
Gemeinsame Möglichkeiten
Es ist auf jeden Fall nie zu spät kurz inne zu halten und sich seiner Gedanken und Handlungen achtsam bewusst zu werden, um sein eigenes Erleben und das seiner Kinder zu reflektieren. Da dies im Alltag oftmals schwierig ist und sich das Rad der Gewohnheit schnell dreht, zögern sie nicht sich professionelle Unterstützung in Form eines Therapeuten oder einer Seelsorge zu suchen um gemeinsam Lösungen zu erarbeiten um gestärkt aus der Situation hervorzutreten. Dies ist kein Zeichen der Schwäche, sondern ein Charakterzug der Stärke und Handlungsfähigkeit eines gesunden Erwachsenen!